Beilage 194/2010 zu den Wortprotokollen
des Oö. Landtags, XXVII. Gesetzgebungsperiode



Vorlage

der Oberösterreichischen Landesregierung
betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung

[Direktion Verfassungsdienst: Verf-500087/73-2010]


I. Anlass und Inhalt der Vereinbarung

1. Eine der wesentlichen Zielsetzungen der vorliegenden Vereinbarung ist die weitere Verstärkung der Armutsbekämpfung zur Senkung der Zahl der armutsgefährdeten Menschen in Österreich.

Das derzeitige Sozialhilferecht in Österreich knüpft insofern an dieser Zielsetzung an, als der Kompetenztatbestand "Armenwesen" nach Art. 12 Abs. 1 Z. 1 B-VG von der "Armenversorgung" nach § 22 des Heimatgesetzes einerseits und den Armengesetzen der Länder andererseits ausgeht. Dieser Kompetenztatbestand bildet auch heute noch (in Verbindung mit Art. 15 Abs. 6 B-VG) die wesentlichste Grundlage für die Umsetzung des Vorhabens einer Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Landesebene. Soweit die Grenzen des Armenwesens überschritten sind, gründet sich die Zuständigkeit der Länder auf die subsidiäre Kompetenz nach Art. 15 Abs. 1 B-VG.

In der Zwischenzeit sah sich die Sozialhilfe mit gestiegenen und völlig veränderten Anforderungen konfrontiert. Stand in den 1970er- und 1980er-Jahren noch das Prinzip der Individualität, also die Überbrückung von individuellen außergewöhnlichen Notlagen der Hilfebedürftigen, im Vordergrund, so gilt es nunmehr verstärkt, auch regelmäßig wiederkehrenden Risikolagen zu begegnen, die insbesondere durch die Zunahme der Zahl arbeitsloser Menschen, das Ansteigen atypischer Beschäftigungsverhältnisse oder das Aufbrechen traditioneller Familienstrukturen ausgelöst sind.

Bei der Landessozialreferentinnen- und -referentenkonferenz am 20. November 1997 wurde ausdrücklich das Interesse an der Weiterentwicklung der Sozialhilfegesetzgebung unter Maßgabe des Konsultationsmechanismus bekundet. Der Bericht einer in weiterer Folge eingesetzten Arbeitsgruppe wurde im Juni 2003 der Landessozialreferentinnen- und -referentenkonferenz vorgelegt und zustimmend zur Kenntnis genommen. Er wurde als geeignetes Instrument angesehen, um eine Harmonisierung der verschiedenen Bundes- und Landesleistungen mit Mindestsicherungselementen herbeizuführen. Gleichzeitig signalisierte die Landessozialreferentinnen- und -referentenkonferenz ihre Bereitschaft zur raschen Umsetzung der Vorschläge im Rahmen einer Art. 15a B-VG Vereinbarung unter der Maßgabe, dass auch der Bund bereit wäre, in seinem Zuständigkeitsbereich entsprechende Mindeststandards zu definieren und diese in die Vereinbarung einzubringen.

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung besteht nicht nur aus einer Harmonisierung und inhaltlichen Weiterentwicklung der bestehenden Sozialhilferegelungen der Länder, sondern ist ein Gesamtpaket, das sich aus mehreren unterschiedlichen Maßnahmen zusammensetzt und auch nachhaltige Beiträge des Bundes beinhaltet.

In der nunmehrigen Ausgestaltung des One-Stop-Shops sollen die AMS-Geschäftsstellen auch Anlaufstellen für die Geltendmachung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung werden, bei denen die Anspruchsberechtigten die erforderliche Information erhalten sowie die entsprechenden Anträge abgeben können.

2. Mit Schreiben vom 24. Juni 2010 hat das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bestätigt, dass die gegenständliche Vereinbarung nunmehr von allen Vertragsparteien unter dem Vorbehalt der Erfüllung der landesverfassungsmäßigen Erfordernisse unterfertigt wurde.

3. Die Erläuterungen zur Vereinbarung sind aus der Subbeilage 2 ersichtlich.

 

II. Finanzielle Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften

Die Grundlage für die finanzielle Kostentragung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung wurde im Finanzausgleich 2008 - 2013 geschaffen. Die gemeinsamen Nettozusatzkosten für Länder und Gemeinden werden mit 50 Mio. Euro pro Jahr gedeckelt.

Im Fall einer Überschreitung der im Finanzausgleich vereinbarten Deckelung von 50 Mio. Euro im Evaluierungszeitraum sind zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über die künftige Kostentragung erneut Verhandlungen zu führen.

 

III. EU-Konformität

Die Vereinbarung widerspricht keinen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen.

 

IV. Genehmigungspflicht

Da der Inhalt der vorliegenden Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG durch Landesgesetze umzusetzen ist, bedarf sie gemäß Art. 56 Abs. 4 Oö. L-VG der Genehmigung durch den Landtag.

Die Oberösterreichische Landesregierung beantragt, der Oberösterreichische Landtag möge

1. gemäß § 25 Abs. 5 Oö. LGO 2009 davon absehen, diese Vorlage einem Ausschuss zuzuweisen,

2. den Abschluss der aus der Subbeilage 1 ersichtlichen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung gemäß Art. 56 Abs. 4 Oö. L-VG zu genehmigen und

3. die aus der Subbeilage 2 ersichtliche Begründung zur Kenntnis zu nehmen.

2 Subbeilagen

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Linz, am 5. Juli 2010

Für die Oö. Landesregierung:
Dr. Pühringer
Landeshauptmann



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